Let’s rock! Klar könnte ich jetzt The Who oder Led Zeppelin o.ä. rauskramen – da waren fantastische Alben dabei (»Who’s Next« höre ich immer noch alle paar Jahre, meist komplett, und von LZ hatte ich auch alles auf Kassette und das wichtigste mittlerweile im Schrank). Aber das war doch immer irgendwie älteres Zeug, und ich sehnte mich langsam mit beiden Ohren nach dem Hier und Jetzt, was Musik mit elektrischen Gitarren anging … ab 1983/84 etwa machten sich Punk, Post-Punk und New Wave massiv in meiner Kassettensammlung breit und verdrängten den (langhaarigen, oberkörperfreien) Rock. Was in der dörflichen Provinz wie Musik vom anderen Stern klang, war natürlich in den größeren Städten längst durch. The Cure waren im Dur-Pop angelangt, die Joy Division-Nachfolgeband habe ich, bis auf wenige Ausnahmen, nie wirklich gemocht (trotz aller ernsthaften Bemühungen meinerseits), aber schwarze Klamotten waren trotzdem irgendwie Pflicht …
… und dann kam Freund J. mit einer Kopie dieser Singles-Zusammenstellung um die Ecke, so um 1986: Der Hammer! Die Gruppe verantwortet zwei meiner all-time-faves, (natürlich) »Bela Lugosi’s Dead« und eine superbe John Cale-Coverversion (»Rosegarden Funeral Of Sores«), aber auch sonst finde ich das überschaubare Oeuvre der fünf Jahre, die die Band ursprünglich existierte (1978–1983), heute noch ziemlich gut. Die Alben gehören zu den ersten Bausteinen (m)einer längst üppig vierstelligen Plattensammlung, tatsächlich habe ich mir vor gut zehn Jahren zum vorhandenen Vinyl nochmal CD-Wiederveröffentlichungen mit Zusatzmaterial gegönnt. Wer willig kauft, kauft zweimal.
Diese Singles-Zusammenstellung enthält die Essenz der Band und zeigt, wie rockig Schwarzkittel sein können, die offensichtlich kurz vorher noch überzeugte Glam-Rock-Fans waren (und sich kurz danach auf eher unspektakulären Pop/Rock verlegt haben*): Ihre Version von »Ziggy Stardust« gefällt mir fast noch besser als das Original, und auch Marc Bolan’s »Telegram Sam« oder Brian Eno’s »Third Uncle« haben sie souverän gecovert (alle hier enthalten).
Da ich mich schon geschmacklich aus dem Fenster lehne: Klar könnte ich jetzt die Post-Punk-Kritikerlieblinge aufführen, die ich auch gehört habe und immer noch schätze (Joy Division, Wire, Fall, XTC, Fischer-Z, Pop Group, Feelies, The Slits, Virgin Prunes (!) etc. etc. – das meiste davon höre ich deutlich öfter als meine Bauhaus-Platten). Aber gerade Bauhaus standen irgendwie zwischen allen Stühlen – den einen zu glatt, den anderen zu sperrig. Für mich: Rockmusik, wie sie (zu der Zeit) sein sollte, bar aller Peinlichkeiten. Und bereits mit deutlich weniger Latenz von mir wahrgenommen als etwa die Beatles oder Frank Zappa – das letzte Drittel der 1980er beginnt und ich, mir Alben bei ihrer Erstveröffentlichung zuzulegen (auch wenn das meinem Schüler-Geldbeutel zu der Zeit noch ziemlich weh tat – Neuware gab es bis dahin bevorzugt aus dem Mid-Price-Fach, für 10–12 DM/Platte).
*Sänger Peter Murphy solo, die anderen bei Love & Rockets, Jazz Butcher, Tones on Tail …