4/10. Tuxedomoon: »Half-Mute« (1980)

No, don’t let’s rock! Diese unvergleichliche Mischung aus Saxophon, Violine, Bass, Beatbox und Geräuschen (teils Synthesizer, teils Bandmanipulation, meistens irgendwas dazwischen) hat mich beim ersten Hören sofort in ihren Bann gezogen. Zuerst nur auf Kassette, besorgte ich mir sukzessive den ganzen greifbaren Output der Gruppe (samt etlichen Solo-Alben von Steven Brown, Blaine L. Reininger und Peter Principle) aus San Francisco, die allerdings seit Anfang der 1980er nach Brüssel übergesiedelt war.

Der Debut-LP »Half-Mute« (1980) gingen zwei EPs voraus, von denen eine, »No Tears« (1978), einen gewissen Kultstatus erreichte: Der Titeltrack klingt wie der zweieiige Zwilling zu Cabaret Voltaires »Nag Nag Nag«, also Elektropunk in seiner allerfrühesten, rohen Form. Doch schon die zweite EP, »Scream With A View« (1979), drosselte das Tempo hörbar und machte Platz für mehr klangliche Finessen. Auf »Half-Mute« werden all diese frühen Experimente zum Höhepunkt geführt – und beendet: Mit dem Nachfolger »Desire« (1981) fand die Band zu einer eigenen Form von New Wave-Pop, die immer noch durch die ungewöhnliche Instrumentierung besticht, aber klar den Fokus auf Songstrukturen legte und weitgehend beibehielt.

Es gibt hier auch einen kleinen Hit, »59 To 1«, aber es gibt vor allem herrliche (Instrumental-)Stücke, die Pop, Jazz, Wave und Experimentelles in eiskalte Melancholie tauchen und dafür selten mehr als drei Minuten benötigen. Trotzdem schaffen Tuxedomoon hier eine durchgängige Stimmung, wie sie kaum eine Band in die^ser Konsequenz über ein ganzes Album ausgebreitet hat – und so stimmig jedes einzelne Stück für sich ist, wie eine Miniatur oder Skizze, so nahtlos fügen sich die Songs zum großen Ganzen zusammen. Einem ganz großen Ganzen.