Am Anfang hab ich diesen Witz überhaupt nicht kapiert: Wer Anfang der 1990er auch nur gelegentlich MTV einschaltete, kam nicht an ihnen vorbei – »America: What Time Is Love?«, »Justified & Ancient«, »3 AM Eternal« und natürlich das Obermonster »Last Train To Trancentral« liefen immer irgendwann … und ich hab sie gehasst, diese prätentiöse, überproduzierte Scheiße, die auch noch die Charts dominierte: The KLF waren 1991 die Band mit den meistverkauften Singles – weltweit; vier ihrer Stücke landeten auch in den deutschen Top Ten.
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Auf den Geschmack brachte mich schließlich »Chill Out«, ihre Ambient-Blaupause aus dem Vorjahr. Diese (vordergründig absurde) Mischung aus Eisenbahnrattern, blökenden Schafen, tibetischen Obertongesängen, Synthielinien und zwei prominent platzierten Samples (»Albatross« von Fleetwood Mac, »In The Ghetto« von Elvis Presley) hat ein ganzes Genre definiert. Ich begab mich also auf die Suche und erschloss mir den ganzen Kosmos, den Bill Drummond (aka King Boy D) und Jimmy Cauty (aka Rockman Rock) in nur fünf Jahren ausgebreitet hatten, auf der soliden Basis von »Illuminatus«-Versatzstücken und einer gehörigen Portion Situationismus.
Von den HipHop-Anfängen ab 1987 als The Jams (Justified Ancients Of Mu Mu) und den Sampling-Skandalen (Stichwort: »Dancing Queen« von ABBA) über ihren ersten britischen Nr.1-Hit »Doctorin’ The Tardis« 1988 (unter dem Namen The Timelords) und das Handbuch, das sie daraufhin veröffentlichten (»The Manual: How to Have a Number One the Easy Way«, das wiederum die Band Edelweiss zu Ihrem Hit »Bring me Edelweiss« inspirierte, mit massivem ABBA-Touch natürlich), ihre unzähligen, leider sehr sehr geilen Club-Maxis der eingangs erwähnten späteren Hits bis hin zu ihren diversen Publicity-Stunts sammelte, hörte und las ich alles, was mir in die Finger kam. Ein gigantischer Prank zweier unverschämter Prankster. Gerade zu dem Zeitpunkt, als ich mein Auslandssemester südlich von London verbrachte, im Herbst 1994, verbrannten sie die 1 Million Pfund auf der Insel Jura, ich erfuhr davon im NME, den ich damals dankbar wöchentlich studierte.
Vor allem Bill Drummond hat seither immer wieder mit hoch interessanten Aktionen von sich reden (und lesen) gemacht: Neben seinen diversen Büchern, zu denen auch eine zeitgenössische Re-Interpretation von Guillaume Apollinaires »Die 11000 Ruten« gehört (»Bad Wisdom«, 1996), ist es vor allem sein Chorprojekt »The 17«, das er in den letzten Jahren in diversen Formaten (Buch, Film) publik machte. Das radikalste an The KLF ist jedoch, dass sie nicht nur ihr Band-Vermögen verbrannt (s.o.), sondern auch ihren Backkatalog gestrichen haben – lediglich die bei Arista erschienene US-Version von »The White Room« ist weiterhin erhältlich, wohingegen alle KLF- und Jams-Veröffentlichungen nur noch antiquarisch oder – gelegentlich – als (qualitativ sehr hochwertige) Bootleg-Nachpressungen zu finden sind.